Schloss Ettersburg
Andreas Michael Werner
Eine idyllische Schloss- und Parkanlage bei Weimar
Das Magazin FOCUS veröffentlichte in seiner Ausgabe 29/2014 eine Bestenliste: „Paradies Deutschland. 200 Orte [und Geheimtipps], die glücklich machen." Schloss Ettersburg wird nicht nur erwähnt, sondern eigens beschrieben: „Schloss Ettersburg, eine idyllische Schloss- und Parkanlage am Ettersberg bei Weimar, war der Sommersitz von Goethes Herzog. Hier spielte Bach, hier wurde die Iphigenie uraufgeführt (mit Goethe als Orest), hier schrieb Schiller an Maria Stuart. Heute eine der ambitioniertesten deutschen Kulturstätten mit Hotel und Gastronomie. Oft mehrere Darbietungen am Tag. Musik von Klassik bis Jazz, Theater, Lesungen, Podiumsgespräche. Ob Instrumentalisten, Sänger, Schauspieler, Historiker, Literaten: Was Rang und Namen hat, tritt inzwischen hier auf."
In den Jahren 1706 bis 1712 lässt Herzog Wilhelm Ernst auf den Grundmauern eines Augustinerchorherrenstifts von Baumeister Johann Mützel ein sprödes Jagdschloss errichten. Johann Sebastian Bach musiziert im Festsaal des Alten Schlosses. Das extravagante Neue Schloss (Corps de Logis) vollendet um 1740 die barocke Anlage. Herzogin Anna Amalia (1739-1807) wählte nach dem Regierungsantritt (1775) ihres Sohnes Carl August (1757-1828) Schloss Ettersburg als Sommersitz. Um das Schloss entstand eine ansehnliche Parklandschaft. Noch heute beeindruckt der große, alternde Tulpenbaum vor dem Gewehrsaal. Die Kunst und die Genies hielten Einzug auf Ettersburg. Johann Wolfgang Goethe, Johann Gottfried Herder, Corona Schröter, Christoph Martin Wieland u.v.m. waren Gäste auf Schloss Ettersburg. Es wurde musiziert, gelesen, getanzt, geliebt und heftige Kritik an den Werken der Kollegen geübt. Der Künstlerkreis auf Ettersburg wurde als der „Musenhof Weimars" berühmt. Anna Amalia ließ einen Theatersaal im Festsaal des Alten Schlosses einrichten, das seit dem Schlossbrand von 1774 keine feste Spielstätte mehr hatte. Goethe instruierte auf Ettersburg Theaterstücke wie Jahrmarktsfest zu Plundersweilern (1778).
Schloss Ettersburg
Die erste Prosafassung der Iphigenie beendete er in der kurzen Zeit vom 14. Februar bis zum 28. März 1779, und schon am 6. April, also kaum eine Woche später, wurde das Werk erstmals auf Schloss Ettersburg aufgeführt. Goethe selbst spielte den Orest, die Sängerin und Schauspielerin Corona Schröter, mit Goethe eng befreundet, die Iphigenie. Angezogen von der kreativen Ruhe, die von Ettersburg ausging, kam Friedrich Schiller 1800 in das Schloss, um seine "Maria Stuart" zu beenden. Zu einer der größten Jagdveranstaltungen auf Schloss Ettersburg erschienen 1808 u. a. Zar Alexander I. und Napoleon I. Dank Großherzog Carl Alexander und seiner Gattin, der niederländischen Prinzessin Sophie, wird Ettersburg Mitte des 19. Jahrhunderts erneut zum ausstrahlenden Ort künstlerischer Begegnungen. Die intellektuelle Elite der jungen Weimarer Gesellschaft versammelt sich hier. Wieder wird im Zauberschloß gedichtet, geträumt, geschrieben, gespielt, geplant, entworfen. Dem kreativen Dasein Franz Liszts, Hans Christian Andersens, Emanuel Geibels, Friedrich Hebbels und vieler anderer verdankt Schloss Ettersburg eine weitere Blüte. Der 1844 zum Weimarer Hofgärtner berufene Eduard Petzold wird beauftragt, den Park nach dem Vorbild eines englischen Gartens umzugestalten.
Dessen Lehrmeister Hermann von Pückler-Muskau legt 1845 den bis zur Kuppe des Berges reichenden Schlag an. Der Landschaftspark Ettersburg ist ein herausragendes Exempel für die landschaftskünstlerische Kraft jener Zeit. 1919 geht das Schloss Ettersburg in den Besitz des Landes Thüringen über. Der Verbund der deutschen Landerziehungsheime pachtet das Haus und eröffnet eine reformpädagogische Herman-Lietz-Schule mit Internat für die Mittelstufe. Auch Wernher von Braun (1926-28) und Wolf Jobst Siedler sind hier Schüler. Durch den Bau des NS-Konzentrationslagers auf dem Ettersberg wird Schloss Ettersburg 1937 mit einem grauenvollen Nachbarn konfrontiert werden. Ab 1945 dient das Schloss als Offiziersschule, später als stalinistische Justizschule und zuletzt als Altersheim, die Gebäude standen seit 1979 leer und verfielen. Nach der friedlichen Revolution 1989/90 gründeten kultursinnige Bürger das Kuratorium Schloss Ettersburg e.V. und sorgten in vielfältiger Weise für eine kulturelle Wiederentdeckung und Sicherung des Ensembles.
Die komplexe Nutzung des Schlosses entspricht seiner ebenso tiefen wie ambivalenten Geschichte. Seit 1998 ist das Schloss Teil des UNESCO-Weltkulturerbes Klassisches Weimar. Die Idee der neuen Ettersburger Kultur besteht darin, die kunstsinnige Tradition und die Ausstrahlung des Ortes in einem anspruchsvollen Programm zu vereinen. Schloss Ettersburg ist nunmehr wieder ein besonderer Ort, traditionell und aktuell verbunden mit Klausur, Gestaltungswille, Konzentration, zugleich mit kunstsinniger Lebensfreude - und weitsichtiger Inspiration. Seit dem Jahr 2008 strahlt das Schlossensemble in neuem Glanz. Schloss Ettersburg schien dem Verfall preisgegeben: der frühere Musenhof Anna Amalias, Goethes genialischer Ort auf dem Ettersberg, Schillers Schreibstätte, das spröde Jagd- und verborgene Waldschloss, das Großherzog Carl Alexander Mitte des 19. Jahrhunderts zum Kern eines neuen künstlerischen Lebens, zu einem Refugium freier Geister machen wollte.
In Würdigung der spannungsreichen Geschichte werden auf Schloss Ettersburg nach einem deutschlandweit einmaligen Konzept (akademische) Bildung, Forschung (besonders zu Demografie), Kunst, Denkmalpflege und politischer Austausch neu zusammengeführt.
Zudem ist Schloss Ettersburg, vor den Toren der Stadt Weimar und unweit der Stadt Erfurt gelegen, eine exklusiver Tagungsort, ist bekannt für seine Gastronomie und seine unvergesslichen Möglichkeiten für Feiern. Das Ensemble verfügt über 23 Zimmer und 5 Suiten, die individuell gebucht werden können.
Das Ensemble auf dem Ettersberg hat Glanz und Abgründe, berauschende Fama und tiefe Vergessenheit, hat Blüte und Missachtung erlebt. Der Musenhof Anna Amalias, das spröde Jagd- und verborgene Sommerschloss, das Carl Alexander zu einem Ort freier Geister machte, schien vor wenigen Jahren dem Verfall preisgegeben. Der unvergleichbare Ort wurde nach einer behutsamen Sanierung 2008 wieder eröffnet. Das Ziel heißt, in Würdigung der spannungsreichen und wechselhaften Tradition auf Schloss Ettersburg Weiterbildung, Forschung, Kunst, Philosophie, akademisches Gespräch und politischen Austausch neu zusammenzuführen.
Im Mittelpunkt steht ein jährliches Festival zur Pfingstzeit, das beitragen mag, das Schlossensemble Ettersburg als das zu revitalisieren, was es ist: ein Ort von ungewöhnlicher geistiger Erregungskraft und kulturhistorischer Einzigartigkeit.
Adresse: Am Schloß 1, 99439 Ettersburg
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Bildquellen:
1. & 2 - Florian Russi
3 & 4 - Karla Augusta
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